Wieso ich den Funken und die Internationale Marxistische Tendenz verlassen habe

Hinweis: Einen regionalen Ableger des „Funken“ gibt es auch in Leipzig, das in dem Barrikade-Beitrag geschilderte, lässt sich sicherlich auch ähnlich in Leipzig beobachten. Die Ortsgruppe in Leipzig ist regelmäßig an der Leipziger Uni anzutreffen, macht Veranstaltungen im Liebknecht-Haus oder im „Sozialen Zentrum Clara Zetkin“.


Ich war bis vor einigen Wochen im Funke, dies über eine Zeit von etwa 6 Monaten. Gerade in den letzten Wochen und Monaten sind mir immer mehr Dinge aufgefallen, die zum Teil nicht in Ordnung sind, die den Funken zum Teil jedoch auch zu einer potenziell gefährlichen Organisation machen. Dieser Artikel soll anderen Personen helfen, nicht den gleichen Fehler zu machen sowie diese Missstände aufzeigen.

Um dies besser zu verstehen hier zunächst einige Worte zur Arbeitsweise vom Funken. Der Funke rekrutiert Mitglieder meist auf zwei Arten: Zum einen durch Interventionen auf Demos, vor Schulen oder auf der Strasse. Dabei werden Personen angesprochen um sie zur Mitgliedschaft zu motivieren. Zu diesen Interventionen werde ich später noch etwas sagen.

Des weiteren werden Mitglieder durch die allgegenwärtigen Plakate und Sticker gesucht, welche in den letzten Monaten die ganze Schweiz wie eine Epidemie heimsuchten. Die Neurekrutierten werden dann in die „Ortsgruppensitzungen“ (kurz OGs) eingeladen, wo sie von Beginn an Ideologisch zugetextet werden (durch die Atmosphäre in der OG ist Kritik anbringen für viele sehr erschwert). An diesen Ortsgruppensitzungen wird man dann schnell zum Beitritt gedrängt, der Mitgliederbeitrag wird festgesetzt und man ist Mitglied meist bevor man Zeit hat sich über den Funken zu informieren, sich damit kritisch auseinanderzusetzen oder sich über die eigenen Entscheidungen Gedanken zu machen oder sich deren bewusst zu werden.

In den letzten Jahren ging man sogar dazu über Personen direkt während dem ersten Gespräch aufzunehmen, inklusive Mitgliederbeitrag etc. Neumitglieder sollen dann „nicht mehr aus den Augen gelassen werden“ um sie Ideologisch so gut und schnell wie möglich auf Funke-Linie zu bringen.

Nun zur eigentlichen Kritik. Zuerst muss ich etwas zur Frage der Autorität innerhalb der Organisation sagen. Wie viele trotzkistische Organisationen hat auch der Funke bzw. die Internationale Marxistische Tendenz eine ideologische Führungsperson. Im Fall vom Funken wäre das Alan Woods. Alles was Woods sagt ist Gesetz und darf auf keinen Fall hinterfragt werden.

Wir sprechen hier von einem Mann, der die Urknalltheorie leugnet und mit dem Präsidenten von Venezuela befreundet ist. Er schreibt die meisten wichtigen Artikel der Internationalen, den Rest wird er mit grosser Wahrscheinlichkeit gegengelesen. Viele der Artikel beim Funken in der Schweiz sind lediglich von ihm übersetzte Texte.

Seine Meinungen werden von den „erfahrenen Genossen“ übernommen und so in die OGs getragen, wo sie so allen Mitgliedern aufgedrückt werden. Dabei wird beim Funke von der „korrekten Position“ gesprochen, was auch immer das Aussagen soll.

Wer auch immer etwas gegen diese Argumente sagt wird sofort zugetextet und ihm wird gesagt wieso er im Unrecht ist und seine Meinung ändern soll. Bei Interventionen und Diskussionen soll man bei diesem Thema lieber still sein, bevor man eine „falsche Meinung“ äussert.

Die autoritären Tendenzen sind hier sehr deutlich zu sehen und das unterdrücken von abweichenden Meinungen erinnert an dunkle Kapitel in der Geschichte des Kommunismus. Ich selbst bemerkte dies als es zum Thema Gendern kam. Wie die meisten vielleicht wissen gendert der Funke nicht.

Ich selbst bin da ganz anderer Meinung und habe dies auch so gesagt als diese Frage aufkam. Schon bald wurde ich angerufen um dieses Thema mit mir zu „Diskutieren“. Tatsächlich wurde mir aber gesagt, dass meine Meinung falsch sei und erklärt wieso. Trotz der Erklärung verstehe ich allerdings bis heute nicht, wieso Gendern jetzt der Arbeiter*innenklasse schaden soll.

Zum Schluss wurde ich einfach aufgefordert, bei Diskussionen nichts dazu zu sagen oder einfach die Meinung vom Funken zu wiederholen, obwohl ich nicht dahinter stand und stehe! Diese Nichtdiskussionen (oder Propaganda) führen auch zu einem teilweise erschreckend tiefen Niveau was das politische Wissen und die Fähigkeiten von einigen Mitgliedern betrifft, trotz wöchentlichen Sitzungen, Lesekreisen etc.

Dies wird verdeckt, indem man Kritik einfach ausweicht und andersdenkende im vornherein als dumm abstempelt. Ahnung hat nur wer Marx, Trotzki und Lenin gelesen hat und alle die eine andere Meinung haben sollen doch bitte einfach mehr von diesen Persönlichkeiten Lesen, dann werden sie ihre Meinung schon ändern. So kapselt sich der Funke Ideologisch immer mehr ab und illegitimiert gleichzeitig alle Kritik. Mit Basisdemokratie und Sozialismus hat das nichts mehr zu tun!

Kurz ansprechen möchte ich auch noch den Umgang mit sexuellem Missbrauch. Vor einigen Jahren gab es in der Kanadischen und US-Amerikanischen Sektion einige Missbrauchsfälle. Anstatt diese intern aufzuarbeiten und sich beim Opfer zu entschuldigen, was das Mindeste gewesen wäre was die IMT hätte machen müssen, wurden die Vorwürfe in der Manier von AfD und co. als politische Angriffe gegen die IMT abgetan. Für mehr Informationen kann ich da nur diesen Artikel empfehlen: https://barrikade.info/article/6252

Ein zentraler Punkt der Organisation sind die Finanzen. Da der Funke und die grösseren Sektionen der IMT Mitarbeiter aus den eigenen Reihen, sogenannte Fulltimer oder Berufsrevolutionär*innen angestellt haben, hat die Organisation beträchtliche Ausgaben.

Trotz des nicht sehr arbeiterfreundlichen Lohns, der sehr wahrscheinlich auch rechtlich anfechtbar ist, von lediglich 2750 Franken kommt man in der Schweiz bei 10 Angestellten und nur 300 Mitgliedern auf Ausgaben von mindestens 30000 Franken pro Monat, eher mehr, da zusätzliche kosten für Räume, Material etc anfallen.

Der durchschnittliche Mitgliederbeitrag müsste also bei über 100 Franken pro Monat liegen, insbesondere da 8 Franken davon an die Internationale gehen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen dass MBs von 400 Franken und mehr keine Seltenheit sind. Ich selbst bin Schüler und bekomme 250 Franken pro Monat. Davon wollte ich meinen MB zunächst auf 25 Franken pro Monat festlegen, was meiner Meinung nach schon einiges ist. Ich wurde jedoch unter Druck gesetzt, sodass ich meinen MB auf 40 Franken zu Beginn erhöhte.

Zusätzlich zu diesen MBs werden an jeder grösseren Veranstaltung Spenden gesammelt und auch Bücher soll man immer wieder neue kaufen. In meinen 6 Monaten habe ich ungefähr 500 Franken an die Organisation gegeben, meistens durch externen Druck von anderen Genoss*innen.

Durch sogenannte Finanzdiskussionen in den OGs wird den Genoss*innen immer wieder gesagt, wieso sie ihren MB erhöhen sollen und auf was sie verzichten können. Einige, sogenannte „inspirierende Beispiele“, sollten zeigen wie es andere Genoss*innen machen, dh. wie viel Geld diese an die Organisation geben. Am Ende wird dann eine Runde gemacht, in der jeder Genosse und jede Genossin sagt, um wie viel er/sie ihren MB erhöht, was automatisch einen Druck auf alle aufbaut.

Gerade für jüngere oder unsichere Personen bergen diese Vorgänge ein hohes Risiko und sind extrem kritisch! Der Funke nimmt seine eigenen Mitglieder aus, die Augen nur auf das Geld gerichtet.

Diese Anstrengungen und diese Investitionen rechtfertigt der Funken hauptsächlich mit dem Vorhandensein einer sogenannten „Goldschicht“. Das sind junge Menschen, die mit dem Kapitalismus abgeschlossen haben und jetzt dagegen kämpfen wollen.

Der Funke hat es sich zur Mission gemacht, alles dafür zu tun diese Jugendlichen in die eigenen Reihen zu bekommen. Keine Frage, diese Jugendlichen sind da, unter diesem ausbeuterischen System auch nicht weiter verwunderlich. Doch der Funke ist nicht die richtige Organisation für sie. Das merken die meisten selbst, fast alle spätestens nach einer kurzen Mitgliedschaft. Der Funke konnte zwar in den letzten Monaten viele neue Mitglieder dazugewinnen, jedoch nur auf dem Papier. Rekrutieren um jeden Preis ist das Credo. Wachsen, wachsen und noch einmal wachsen. Dies führte zu 150 neuen Mitgliedern im letzten halben Jahr.

Der riesige Erfolg, wie der Funke gerne sagt, ist das jedoch mitnichten. Die meisten dieser neuen Mitglieder sind nur sehr kurz dabei, fangen gar nie richtig an mitzuarbeiten. Viele verlassen die Organisation bald wieder. Der Anstieg an Mitglieder hat deshalb in den letzten 3 Monaten mehr oder weniger komplett aufgehört, trotz unverminderter Rekrutierung in teils peinlichem Ausmass (Herumschreien am Bahnhof, Reden im Unisaal etc.)

Damit geht die Reaktion auf Politische Ereignisse einher. Diese werden nicht als das angesehen was sie sind , sondern lediglich als Wachstumsmöglichkeit zum Selbstzweck. Bestes Beispiel ist der Nahostkonflikt. Auch wenn ich hier weiterhin mit den meisten Funke-Positionen einverstanden bin, wird diese schreckliche Tragödie als Anlass für rigoroses Wachstum genommen, teils wurde die Situation fast schon bejubelt, das ganze wird als „Palästina Fenster“ zum Wachsen propagiert.

Bedenkt man die Zehntausenden Toten und zivilen Opfer kommt diese Aussage unglaublich Makaber und schrecklich daher. Der Funke interessiert sich einen Dreck für die Zivilbevölkerung in Gaza oder sonst irgendwo auf der Welt, sein einziges Interesse ist der Aufbau der eigenen Organisation!

Wie oben bereits angetönt wirbt der Funke in sogenannten Interventionen um neue Mitglieder. Das heisst, dass der Funke irgendwo in die Stadt geht wo viele Leute sind und dort alle mit ihren Zeitungen anspricht ob sie denn schon Kommunist*innen seien. Dabei wird kaum auf die Privatsphäre von Passanten geachtet, in den letzten Monaten wurden diese Interventionen immer offensiver und auch aggressiver, man stellt sich mit einem Megaphon auf einen Platz und brüllt in die Menge hinein. Einmal wurde ein 10-jähriges Mädchen angesprochen ob sie denn Kommunist sei (Bewusst nicht gegendert)!

Auch auf Demos hält sich der Funke im Hintergrund und läuft durch die Menge um mit so vielen Leuten wie möglich zu diskutieren. Auch hier werden die Mitglieder unter Druck gesetzt, dass sie mindestens zwei Mal pro Woche an eine Intervention gehen.

Zum Schluss noch einige Worte zu anderen linken Organisationen. Diese werden vom Funken allgemein als Sekten abgestempelt, sie seien „Konterrevolutionär“ und würden der Arbeiterklasse schaden (Obwohl der Funke noch nicht einmal etwas für die Arbeiterklasse getan hat). Sämtliche linke Organisationen hätten eine „falsche Position“ und nur der Funke habe die „korrekte Position“ wird immer wieder wiederholt.

Weil diese Organisationen nicht mit dem Funken zusammenarbeiten wollen werden sie als Sektiererisch bezeichnet. Auf die Kritik dieser Organisationen hören und mit ihnen reden kommt für den Funken hingegen nicht in Frage. Nur eine Frage an alle Genoss*innen vom Funke: Könnte es sein, dass ihr in der Sekte seid, dass die Sekte von der ihr immer redet in Wahrheit der Funke und die IMT ist? Nur so als Gedankenanstoss.

Abschliessend kann ich nur jeden warnen auf keinen Fall dieser Sekte beizutreten. Es gibt viele, sehr viel bessere Alternativen im linken Spektrum. Und ich möchte noch einmal betonen, dass dies kein Angriff auf einzelne Mitglieder vom Funken ist, sondern sich diese Kritik gegen die Führung und die Organisation richtet.

Die meisten Funke-Mitglieder wollen für eine bessere Welt kämpfen, wollen den Kapitalismus beenden und bessere Bedingungen für alle Menschen. Sie haben einfach noch nicht gemerkt, dass der Funke nicht die richtige Organisation für sie ist. Redet mit ihnen und überzeugt sie mit euren Argumenten und holt sie aus dieser Sekte raus.

Der Funke ist nicht die Zukunft, er ist der Weg in eine dunkle Vergangenheit.